Hintergrund

Jag ska till Sverige

(Ich gehe nach Schweden)
August 2017

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Eva, Mattias, Sara und Noah sind mit unserem Wohnmobil zu Beginn der Sommerferien ins Land der Elche aufgebrochen. Sie werden am 16. August von Stockholm nach Hause fliegen und uns das Reisemobil dort überlassen. Im Gegenzug haben wir für den 12.08. einen Flug ab München gebucht und für zwei Nächte eine Kabine auf der „Mälardrottningen“ reserviert, einem Hotelschiff mitten im Zentrum der Hauptstadt. Zwei weitere Übernachtungen sind in einer „stuga“ auf dem Campingplatz Bredäng vorbestellt, wo wir gemeinsame Zeit und den Fahrzeugwechsel planen.


Stockholm

Per Taxi fahren wir zum Flughafen München, nach einer geruhsamen Nacht am Sperberweg in Freising. Und per Taxi wollen wir auch von Arlanda ins Zentrum Stockholms reisen. Laut Internet bietet „Taxi08“ einen günstigen Festpreis von 360 SEK. Der freundliche Fahrer verlädt unser schweres Gepäck. Rosi fragt sicherheitshalber nach dem Tarif. 625 Kronen! Die Taschen werden wieder ausgeladen. Der Kollege nebenan bietet seine Dienste für 520 Kronen an. Wir haben genug und steigen bei „Flygbussarna“ ein. Der Bus ins Zentrum kostet für uns beide 238 SEK, Bezahlung mittels Kreditkarte. Allerdings müssen wir die 1,5 km vom Busterminal zum Schiff mit dem schweren Gepäck zu Fuß bewältigen. Müde und verschwitzt entern wir unsere Kabine. Oh Gott, ist die klein! Nach dem Duschen ist sie zwar immer noch nicht größer, aber die Welt sieht schon viel freundlicher aus. Wir besorgen Bargeld und stillen mit einer Pizza unseren Hunger. Ein erster Streifzug durch die Gamla Stan führt uns zum Schloss. Im Innenhof pflegen wir schwedische Tradition: „fika“ - Kaffeetrinken und was Süßes.


Der Tag soll Regen bringen. Wir planen Sightseeing durch die Panorama-Scheibe. Das Kombi-Ticket von „HopOn-HopOff“ ermöglicht uns die Nutzung der roten Doppeldecker-Busse und der blauen Boote und erschließt uns die Attraktionen Stockholms vom Land wie vom Wasser. Bis zum Tourbeginn ab 10 Uhr nutzen wir die Zeit für eine weitere „zu-Fuß-Erkundung“ der Gamla Stan. Der spitze und filigrane Turm der Riddarholmskyrkan dominiert die westliche Seite der Altstadt. Das Riddarhuset nicht weit davon war Versammlungshaus des Adels und Äquivalent zum englischen Oberhaus. Heute Schwedens exklusivster Gesellschaftsklub. Über die Stora Nygatan gelangen wir zur deutschen Kirche, Sie ging aus einem Gildehaus der Hansezeit hervor. Otto ist hin und weg ob der Ausstattung der Tyska Kirkan. Die Gottesdienste werden in Deutsch nach schwedischer Kirchenordnung gehalten. Einen Katzensprung weiter wartet der prächtige Stor Torget, der einstige Marktplatz, auf uns. Die farbigen Gebäude auf der Westseite waren 1520 Schauplatz des legendären Stockholmer Blutbads, wo König Christian II. 80 politische Gegner hinrichten ließ. In der ehemaligen Börse tagt heute die schwedische Akademie, die den Literaturnobelpreisträger ernennt. Darin befindet sich auch das Nobelmuseum. 10 Uhr. Wir hüpfen am Reichstag in den Bus. Wegen unseres super Platzes oben ganz vorne bleiben wir eine komplette Runde in der knallroten Kutsche. Ein zwischenzeitlicher Regenschauer liefert zusätzliche Gründe, nicht auszusteigen. Die Tour: Fjällgatan „eine der schönsten Straßen Stockholms“, Kreuzfahrtterminal und Medborgarplatsen „wo sich die Stockholmer im Sommer gern unter freiem Himmel auf ein Bier treffen“. Danach Skeppsbron, Königliches Schloss, Kungsträdgården, Nybroplan mit dem königlichen Theater, Styrmansgatan (Staatliches Historisches Museum), Vasa Museum, Skansen Freilichtmuseum, Nordisches Museum, Stureplan Einkaufsmeile, Hötorget Konzerthaus, Busterminal, Rathaus, Bahnhof, Oper. Wow! Einmal tief durchatmen. Dann raus aus dem Bus, rauf aufs Boot. Die neue Perspektive vom Wasser aus hat durchaus ihren Reiz. Auf der Insel Skeppsholmen steigen wir aus und spazieren beschaulich über die Brücke auf die Nachbarin Kastellholmen. Wir beobachten die halsbrecherischen Attraktionen des Gröna Lund Freizeitparks gegenüber. Abschließend nehmen wir auch noch die grüne „Canal Tour“ mit. Obwohl unser Kombi-Ticket hierfür nicht gültig ist, zeigt sich der Kapitän großzügig. Während der wenig interessanten Rundfahrt um die große Insel Djurgården setzt erneut Regen ein. Für heute reicht’s.


Otto möchte gerne zum Kungsträdgården gehen. Der hat ihm gestern vom Bus aus besonders gefallen. Anschließend hofft er in der Einkaufsmeile Drottninggatan einen Uhrmacher zu finden, der das Armband seiner Uhr reparieren kann. Der Garten ist eine Enttäuschung, weil große Teile wegen einer Veranstaltung gesperrt sind. Und die Geschäfte öffnen alle erst in einer Stunde. So gehen wir recht planlos zurück in die Gamla Stan und zum Schiff. Wir checken aus. Die tunnelbana bringt uns raus nach Bredäng zum Campingplatz. Kaum haben wir unsere stuga häuslich eingerichtet, trudeln auch schon Eva, Mattias, Sara und Noah ein. Das gibt ein Hallo, als wir uns in die Arme schließen. Sara klärt Opa auf: „wir machen keinen Urlaub, sondern eine Reise!“. Der Nachmittag vergeht mit Erzählen, Kaffeetrinken und Baden wie im Flug. Mattias versorgt alle mit selbst gebrutzelten Hamburgern. Der Abend vor dem Womo ist recht frisch.


Ausflug in die Hauptstadt. Das Rückfahrticket ins Zentrum für uns sechs mit der tunnelbana kostet günstige 200 SEK. Die historischen Bauten und urbanen Sehenswürdigkeiten können Sara und Noah nicht begeistern. Und die soldatische Wache am Schloss flößt ihnen eher Angst ein. Die Brotzeit vor der Börse und das Zugfahren sind die echten Highlights. Am Nachmittag wandern wir gemeinsam am Mälarsee. Ein gar nicht scheues Reh mit zwei Jungen kreuzt unseren Weg. Zu Abend gibt’s kindgerechte Nudeln mit Tomatensauce. Und es wird wieder schnell kalt.


Die dunklen Wolken vergießen ein paar Tränen, weil die Kinder heute nach Hause fliegen. Wir bringen sie im Womo nach Arlanda. Damit beginnt unsere Camper-Reise. Der Regen nimmt zu. Über Stockholm fahren wir zum königlichen Schloss Drottningholm. Zum Glück hört dort der Niederschlag auf. Beim Spaziergang durch den Park fragen wir uns, welcher Bereich wohl der königlichen Familie vorbehalten ist. Es ist eigentlich nicht schön, so auf dem Präsentierteller leben zu müssen. Als wir den Motor am Hafen von Mariefred abstellen ist die Sonne zurückgekehrt und strahlt vom tiefblauen Abendhimmel. Nur der Stellplatz hier ist keiner mehr. Wir lassen das Womo mit tollem Blick auf Schloss Gripsholm trotzdem stehen und erweisen Kurt Tucholsky auf dem Friedhof unsere Ehre. Die farbigen Holzhäuser leuchten im warmen Licht. Ein alternativer Parkplatz ein Stück entfernt eignet sich hervorragend als Nachtquartier.


Sörmland

Der Morgen ist genauso schön wie der gestrige Abend. Wir frühstücken im malerischen Schlosspark und nutzen das gute Licht ausgiebig für Aufnahmen des königlichen Anwesens. Der Runenstein vor dem Burggraben erzählt vom Tod zweier Eroberer im Land der Sarazenen. Trosa wird in unserem Führer als wahre Idylle beschrieben. Die stattlichen Holzhäuser am Kanal sind ganz apart, aber so überschwänglich würden wir den Ort nicht hervorheben. Umso mehr begeistert das Naturschutzgebiet Stendörren. Kleine und große Schären wurden ins Meer geworfen. Einige sind mit Hängebrücken verbunden. Die eröffnen einen bezaubernden Rundweg. Auf den glattgeschliffenen Felsen haben sich ruhesuchende Menschen niedergelassen und genießen wie wir die Sonne. Die abschließende Visite des „Naturum“ ist des Guten zu viel. Das Besucherzentrum ignorieren wir komplett. Wir haben so viel Schönes gesehen. In Nyköping ist der Stellplatz nicht einladend, aber umsonst. Sogar Strom ist gratis. Otto lässt seine Uhr reparieren und muss am Ende gar nichts bezahlen, da die Kasse streikt.


Der angekündigte Regen ist da. Wir tanken Frischwasser, nachdem wir mit dem Duschen unseren Vorrat komplett aufgebraucht haben. Die Kirche in Risinge entspricht gar nicht der Beschreibung und den Fotos in unserem Führer. Otto erfährt auf Nachfrage, dass die alte Kirche Santa Maria etwa 4 km entfernt liegt und jetzt geöffnet ist. Was für eine Pracht! Sie wurde um 1150 zu Beginn der Christianisierung errichtet. Die fantastischen Malereien an Wänden und Decke stammen aus der Zeit zwischen 1430 und 1460. Ein sehenswertes Kleinod! Auf dem Weg nach Linköping hört es endlich auf zu regnen. Wir parken direkt bei Gamla Linköping, ein Freilichtmuseum mitten in der Stadt. Der Parkautomat akzeptiert ausschließlich Karten, nur unsere Maestro nicht. Ein freundlicher Schwede übernimmt die Bezahlung – toll! Eintritt wird keiner erhoben. In den Holzhäusern und auf den Gassen geben die traditionell gekleideten „Bewohner“ bereitwillig Auskunft. Es ist schön hier. Vermutlich haben wir schon zu viele solcher Museumsdörfer gesehen. Drei Stunden genügen. In Berg ist eine 11-stufige Schleusenanlage des Götakanals. Wir beziehen einen Stellplatz hinter dem großen Parkplatz am Hafen. Er ist gut gefüllt. Für morgen haben wir eine Radtour am Kanal entlang geplant. Nach dem Abendessen beobachten wir interessiert das langwierige Schleusen über die vielen Treppenstufen.


Nachts hat es mächtig geregnet. Zum Glück hat der Spuk morgens ein Ende. Wir verlängern unseren Aufenthalt um einen weiteren Tag und mieten zwei Fahrräder. Es handelt sich um einfache Modelle mit 3-Gang-Schaltung. Sie sind ungewohnt schwer zu treten. Zu allem Überfluss haben wir starken Gegenwind. Da gestalten sich die 21 km bis Borensberg als überaus anstrengend und auch zeitraubender als erwartet. Mit großem Appetit verzehren wir unser Essen im Hafencafé und genehmigen uns auch gleich noch Kaffee und Kuchen, bevor wir uns auf den Rückweg machen. Der gestaltet sich dann mit entsprechender Windunterstützung als sehr entspannt. Aufrecht sitzend genießen wir unsere W-Bikes. In Berg ist inzwischen die Hölle los. Auf dem Wiesengelände am Hafen ist ein Kinderfest mit vielen Attrak­tionen aufgebaut. Nach dem Grillen gucken wir „Abendschau“ – Schleusen.


Die Duschen sind weit weg vom Stellplatz. Dafür nutzen wir sie umso ausgiebiger. Der Spaziergang zum Vreta Kloster nebenan ist kurz. Es sind nur noch einige Fundament­reste erhalten. Ein Kornspeicher wurde wiederaufgebaut. Das ganze Ensemble ist keine Reise wert, aber wenn man schon mal hier ist. Der große Friedhof nebenan ist ein wunderschöner Park. Zudem ist das morgendliche Licht sehr stimmungsvoll: das saftige Grün der Wiese, die Schattenspiele der dunkelgrünen Laubbäume, der tiefblaue Himmel mit weißen Wolken. Dieses Licht nutzen wir noch einmal für Fotos der Schleusenanlage. Dann ruft Vadstena. Nach einer Pizzapause am Ortseingang besuchen wir das Kloster, das die Hl. Birgitta gegründet hat. Sie hatte die revolutionäre Idee, Mönche und Nonnen unter einem Dach zu vereinen. Die Kirche ist beeindruckend, besonders der fast 600 Jahre alte geschnitzte Altar. Das Schloss im Ort wirkt trutzig und wehrhaft. Wir sind müde. Der Stora Torget ist jetzt um 15 Uhr belebt, die Straßencafés voller Menschen. Wir verabschieden uns von dem schönen Städtchen mit Ziel Klosterruine Alvastra. Dort auf dem Gelände planen wir zu übernachten. Aber kurz vorher bleiben wir auf dem Parkplatz des Omberg Naturreservats kleben. Die große Lichtung im Wald, gesäumt von Wiesen mit aparten Feldblumen, ist so einladend, dass wir gar nicht mehr weiter wollen. Spät am Abend wandern wir noch an das nahe Ufer des Vätternsees.


Småland

Wir waren nachts alleine auf dem Platz. Frühstück gibt’s mal wieder im Freien. Die Ruine des Klosters Alvastra ist durchaus sehenswert. Es ist die erste zisterziensische Gründung aus der der Zeit der Christianisierung. Schön, dass die ausführlichen Erklärungen auch in Deutsch gehalten sind. Hier hat Birgitta von Schweden gelebt und ihren Mann Ulf Gudmarsson bis zu seinem Tod gepflegt. Die nahegelegene Kapelle von König Sverker am See war wohl nie ein Gotteshaus. Kurz vor Gränna halten wir an einem Rastplatz mit herrlichem Ausblick auf den Vättern. Die Stadt Gränna ist bekannt für Zuckerstangen. Und sie hat sich für die vielen Besucher prächtig herausgeputzt. Diverse „Bekannte“ von den bisherigen Stellplätzen laufen uns über den Weg. Wir kaufen die original „Polkagrisar“ (rot-weiß mit Pfefferminzgeschmack) und bei Coop diverses Grünzeug vor der Mittagspause am Hafen. Jetzt aber schnell weiter. Otto will unbedingt nach Åsens by. Die lange Anfahrt durch eine wunderschöne Natur auf schmalen, zuletzt ungeteerten Straßen zieht sich. Die Zeitreise 100 Jahre zurück gelingt. Nur reist leider niemand mit uns. Wir schlendern alleine durch das alte Dorf. Es wurde mit Liebe zum Detail und viel Blumenschmuck angelegt und wirkt absolut authentisch. Einzig einige Hühner, Kaninchen und ein Bienenschwarm bevölkern das Gelände. Eksjö, 50 km südöstlich, ist berühmt für seine alten bunten Holzhäuser. Doch vor das Sightseeing hat Konditor Lennart sein Café gesetzt. Gehorsam machen wir „fika“, verzehren Kaffee und Kuchen. Ein schöner Ort! In der Tourist-Info erkundigen wir uns nach der Fährverbindung nach Gotland. Freundlich aber etwas umständlich bemüht sich die junge Dame um entsprechende Tickets. Leider scheitern wir an der Online-Zahlung mangels „S-ID“ für unsere Kreditkarte. Schnell vor Ladenschluss ins Reisebüro. Innerhalb weniger Minuten sind wir in Besitz eines Rückfahr­tickets für Gotland. Am Abend sitzen wir vor dem Womo auf dem städtischen Parkplatz und lassen einen anregenden Tag gemütlich ausklingen.


Gotland

Aufstehen um 6:30 Uhr. Grausam! Aber wir wollen rechtzeitig an der Fähre in Oskarshamn sein und bauen zu den zwei Stunden Fahrzeit noch zwei zur Sicherheit ein. Alles klappt wie am Schnürchen. Wir checken online ein und warten am Hafen. Die Überfahrt dauert gut drei Stunden. Die Hauptstadt Visby heben wir uns für später auf und starten durch bis Bro. Die Kirche stammt aus dem 12. Jh. Sie war eine Votivkirche für Seeleute. Beeindruckend ist das 800 Jahre alte Taufbecken aus Sandstein, ein Werk des Steinmetzes Sighraf. Bei Lickershamn bewacht die „Steinerne Jungfrau“ die Hafeneinfahrt, ein Rauk, 7 m hoch und 23 m über dem Meer. Raukar sind von Wind und Wetter geformte Kalksteinsäulen. Hochschwangere dunkle Regenwolken hängen drohend über ihr. Wir lassen uns nicht schrecken. Mit Kaffee im Magen gehen wir die paar Schritte, bekommen einige Tropfen ab und kaufen zur Belohnung am Hafen geräucherte Makrele und Lachs. Für heute gibt es nur noch ein Ziel: Den Campingplatz in Kappelshamn. Eine einladende unparzellierte Wiese, einfache aber saubere Sanitärausstattung, ein gemütlicher Aufenthaltsraum mit Bücherregal – ein Platz zum Wohlfühlen!


Elf Stunden Sonnenschein hat uns Wetter-Online für heute versprochen. Frühstück draußen. Wolkendecke geschlossen. Kurz vor Aufbruch beginnt der Regen. Aha! Wir umrunden Kappelshamnsviken und halten mehrfach wegen der tollen Fotomotive. Den Bäste träsk umkurven wir auf der Nordseite – das nächste Idyll. In Fårösund legt die Fähre nach Fårö vor unserer Nase ab. Doch die nächste läuft bereits ein. Die Überfahrt auf die kleine Insel kostet nichts und dauert nur einige Minuten. Unsere Irrfahrt beginnt. Bei Digerhuvud an der Nordwestküste hat Mutter Natur eine Reihe Raukar aufgestellt. Es ist windig und kalt. Eine Gruppe Jugendlicher trotzt dem Wetter auf und unter den Kalkfiguren. Während des Regens machen wir Mittag. Drinnen! Danach erkunden wir die Fischerhütten von Helgumannens Fiskeläge weiter östlich und kehren endgültig um. Über die Inselhauptstadt Fårö erreichen wir den Leuchtturm bei Holmudden ganz im Osten. Fårö fyr ist die lange Fahrt nicht wert. Aber die Sonne hat endlich Oberwasser bekommen. Wieder ein Stück zurück und hoch nach Norden zu den Langhammar Raukar. Wir hätten mittags ganze vier Kilometer weiterfahren müssen, um hier zu landen. Nur da hatten wir kaum Sicht – jetzt strahlen wir mit den Kalkmonstern um die Wette. Die Skulpturen sind beeindruckend ob ihrer vielfältigen Formen wie auch ihrer schieren Größe. Nach der Kaffeepause treten wir den Rückzug an und verlassen Fårö. Wohin? Am kleinen See bei Tingstäde erhoffen wir einen Traumplatz, so wie heute am Bäste träsk gesehen. Denkste! Übernachten verboten am Badeplatz. Und das Gelände bei der Festung aus dem 1. Weltkrieg ist auch kein Hit. Tante Google erzählt uns, dass Lickershamn nicht mal 15 km entfernt liegt. Dort hatte Rosi gestern schöne Stellplätze am Hafen gesehen. Eine Viertelstunde später ist die Welt wieder in Ordnung. Wir teilen uns den großen Parkplatz am Hafen mit zwei weiteren Weltenbummlern. Jeder bekommt ein halbes Fußballfeld. Ein allein-reisender schwedischer Jung-Rentner hat ein großes Mitteilungs­bedürfnis und findet bei uns offene Ohren.


Endlich erweisen wir der Hansestadt Visby unsere Aufwartung. Die gotische Hauptstadt hat sich feingemacht. Parkplatz gibt’s reichlich bei einem Einkaufszentrum nahe der Stadtmauer. Wir beginnen mit der S:ta Maria domkyrka mit ihren außergewöhnlichen hölzernen Hauben auf den drei Türmen. Sie ist die einzige erhaltene mittelalterliche Kirche. Zahlreiche Kirchenruinen werden heute vielfältig genutzt: als Café-Restaurant, als OpenAir-Bühne für Veranstaltungen oder Feste, als Hotel, als Galerie. Am Stora Torget ist jetzt vormittags noch wenig los. Neben dem Campus der Universität liegt der Almedalen Park. Entlang der Ringmur, der alten Stadtbefestigung, führt unser Weg zum Botaniska trädgård. Jahreszeitlich bedingt ist es hier mit der Pracht nicht mehr so weit her. Jetzt platzt der Stora Torget aber fast aus den Nähten. In den Restaurants ist kein Platz mehr zu bekommen. Nur ein Dönerlokal ist leer, da wollen wir auch nicht essen. Als wir uns enttäuscht auf den Weg zur eigenen Küche machen, entdecken wir doch noch ein schönes Restaurant, wo wir auf der Dachterrasse einen leckeren und üppigen Caesar‘s sallad zu uns nehmen. Knapp 50 km südöstlich schlagen wir bei Semesterby & Camping in Ljugarn unsere Zelte auf. Der Platz gefällt Rosi nicht besonders. Viel lieber würde sie unter den Pinien direkt am Strand bleiben – aber campingförbud! Wir sitzen bis zum Abend mit unseren Stühlen an der Badebucht. Dann wird gegrillt.


Ausnahmsweise ist das Wetter besser, als erwartet. Wir spazieren knapp zwei Kilometer zu den Raukar von Folhammar. Obwohl relativ unbekannt, ist auch dieses Raukfält sehenswert. Kaum haben wir den menschenleeren Ort erreicht, tummeln sich dort zahlreiche weitere Touristen. Wir nehmen Abschied. Lojsta slott war nie ein Schloss, sondern eine mittelalterliche Festungsanlage. Heute ist da nichts mehr. Auf der Wiese nebenan hat man eine Behausung aus der Bronzezeit nachgebaut. Für wen wohl? Außer uns sind drei Besucher da. Am Wildpferdegehege Russpark fahren wir vorbei ohne zu halten. In Sandhamn machen wir Mittagspause mit Blick auf Stora bzw. Lilla Karlsö, zwei vorgelagerte Inseln. Auf der Westseite bläst der Wind deutlich rauer und kälter als an der Ostküste, von der wir kommen. Die bronzezeitlichen Schiffssetzungen bei Tofta sind gar nicht so einfach zu finden. Hier setzt endlich der angekündigte Regen ein und begleitet uns bis Höglint, südlich von Visby. Aber der Kaffee ist noch nicht einmal fertig, wölbt sich über uns ein Regenbogen. Der Ausblick von der Steilküste ist toll. Eine wenig vertrauenserweckende Holztreppe führt auf halbe Höhe hinab. Draußen zieht das Fährschiff der Reederei Destination Gotland vorbei. Am Stadtrand von Visby kaufen wir noch mal ein und suchen uns einen Parkplatz vor den Toren der Altstadt bei den Fährterminals. Morgen um 7:30 Uhr werden wir die Insel leider schon wieder verlassen.


Öland

Wir sind pünktlich, die Fähre und die Sonne auch. Von der dreistündigen Rückfahrt zum schwedischen Festland gibt es nicht viel zu erzählen. Höchstens, dass der Koffein-Pegel ins Bedenkliche steigt. Der Nähe zum Kaffeeautomaten und dem schwedischen Refill-System sei Dank. Runter vom Schiff – rein in den Lidl, zusammen mit der halben Schiffsladung. Otto reinigt auf dem Parkplatz die Brennerdüse vom Kühlschrank, damit der Nachschub schön frisch bleibt. Günther hat geschrieben, dass sie heute Abend auf dem Campingplatz in Timmernabben sein werden. Dorthin sind es für uns gerade mal 40 km. Wir telefonieren noch mal zur Bestätigung und sind mittags da. Direkt am Meer reservieren wir neben uns für die anderen beiden Womos zwei weitere Plätze und legen die Füße hoch. Ein Schwarm frecher Spatzen kommt betteln. Später erkunden wir die Umgebung und entdecken dabei zufällig die Überreste prähistorischer Zivilisation. Als Toni, Günther, Iris und Andi am Abend zu uns stoßen, gibt es natürlich viel zu erzählen - Andi wurde vom Elch geknutscht! Wir sitzen lange beisammen, bis uns die Kälte vertreibt.


Es soll heute regnen. Und es tut es. Wir frühstücken drinnen, Toni und Günther später in einer Regenpause draußen. Andi geht schwimmen, während Iris im Bett entspannt. Die Vier wollen weiter nach Karlskrona, wir nach Öland. Es regnet Katzen und Hunde während wir auschecken und auf der ganzen Weiterfahrt. Regenzeit ist Fahrzeit. Also stoppen wir erst im Norden der Insel beim Leuchtturm „Långe Erik“. Die Besteigung wird uns verwehrt, obwohl wir Menschen oben sehen. Vielleicht ist das anderen Besuchern auch passiert und sie haben in ihrer Verzweiflung Steinmännchen am Strand errichtet. Es müssen schon Hunderte abgewiesen worden sein. Der Trollskogen ist knapp zehn Kilometer entfernt. Durch den Zauberwald führt ein Rundweg, vorbei an alten verkrüppelten Bäumen. Pechschwarze Rinder weiden im Uferbereich und verirren sich mitunter im dunklen Tann. Wir auch. Bemerkenswert ist die Trolleken. Die Eiche soll 900 Jahre alt sein. Wesentlich jünger ist das Schiffwrack der „Swiks“, die hier 1926 auf Grund lief. Sie sieht schon recht mitgenommen aus. Die eineinhalbstündige Wanderung hat Spaß gemacht. Der Parkplatz am Hafen von Byxelkrok scheint uns bestens als Stellplatz für heute Nacht geeignet. Wir sind sehr erstaunt, als uns der Hafenmeister 140 SEK dafür abknöpft. Das entsprechende Schild an der Einfahrt ist uns entgangen. Nach dem Besuch des Sanitärgebäudes sind wir jedoch völlig versöhnt. Und als die Sonne direkt vor uns im Meer versinkt kommen wir richtig ins Schwärmen.


Neptuni åkrar. Nein, wir sind nicht in Rom, sondern immer noch in Byxelkrok. Das Material für die Strandwälle bei Neptuni åkrar wurde einst vom Inlandseis hinterlassen. Die Wellen der Ostsee haben die Felsen plan geschliffen. Bis Mittag tummeln wir uns auf den Steinplatten und entdecken fossile Ablagerungen. In den gradlinig verlaufenden Bruchkanten hält sich standhaft Gras, umspült vom salzigen Meerwasser. Nach dem Mittagessen wartet die alte Kirche in Källa auf uns. Der heutige Steinbau entstand im 13. Jahrhundert und wurde mit zwei Etagen über dem Kirchenraum ausgestattet. Der wehrhafte Bau bot der Bevölkerung Schutz vor Plünderern. Schade, dass sie verschlossen ist. Wenn es nicht so früh wäre, würden wir hier auf dem gepflegten Gelände außerhalb der Friedhofsmauer übernachten. Bei Äleklinta entdeckt Otto in der Karte eine schmale Küstenstraße. Wir versuchen unser Glück und wir finden es! Auf den grasbewachsenen Klippen über dem Kalmarsund ist ein einfacher Parkplatz angelegt, der uns sofort begeistert. Einige machen hier Picknick, andere genießen einfach die Aussicht. Wir tun es ihnen allen gleich, bleiben aber als einzige über Nacht. Im warmen Abendlicht spazieren wir bis nahe Grönvik und zurück. Die Sonne versinkt mal wieder vor unseren Augen.


Eine windige Nacht mündet in einem windigen Morgen. Das kann uns vom „Außenfrühstück“ nicht abhalten. Aufbruch. Heute entdecken wir an der Strecke, was Neugierige gestern mit Ferngläsern beobachtet haben: keine Elche - Kamele auf der Weide - mitten in Öland! Das alte Schloss Borgholm kostet 95 SEK Eintritt pro Person. Das sind ja nahezu schottische Preise. Das Gemäuer sieht auch noch ziemlich schottisch aus. Fehlende Fenster und Decken gewähren reichlich Durchblick durch stattliche Wände. Trotzdem bleibt auf drei Etagen jede Menge Platz zum Erkunden. Schade nur, dass das Café geschlossen hat. So machen wir auf einer Picknick-Bank neben dem Parkplatz Pause mit eigenem Gebräu. Das neue Schloss Soliden gleich nebenan ist dem Königshaus vorbehalten. Der Eintrittspreis ausschließlich für den Park soll laut Führer überteuert sein. Wir belassen es mit „Zaun­gucken“. Das königliche Café in idyllischer Lage ist gut besucht. Für uns kommt es leider zu spät.Gegenüber auf der Ostseite Ölands liegt Kapelludden. Im Mittelalter befand sich hier das Dorf Sikavarp, welches als Handelsplatz Bedeutung erlangte. Aus der Zeit dieses Dorfes ist die Ruine der St.-Birgitta-Kapelle, sowie ein drei Meter hohes, aus dem 13. Jahrhundert stammendes Steinkreuz erhalten. Am kleinen Hafen stemmen sich rote Fischerhütten gegen den heftigen Wind. Trotz der Sonne ist es kühl. Wir bewundern eine fünfköpfige Familie, die ungeachtet der Temperatur im Wasser tobt. Wir wollen unsere Zelte heute Abend auf der deutlich milderen Westseite aufschlagen. Aus dem Campingplatzverzeichnis wählen wir Gröndals Camping in Köpingsvik aus. Die Saison ist zu Ende. Die Dauercamper haben ihre Holzterrassen abgebaut. Einem Schachbrett gleich stechen die hässlichen grasfreien Flecken ins Auge. Wir wählen einen Wiesenplatz in der 1. Reihe am Meer und müssen nicht auf das Elend schauen. Da ist es jetzt direkt schön. Die Einwahl ins WLAN funktioniert nicht. Otto startet das Smartphone neu. Bei der Eingabe der SIM-PIN wird ihm bewusst, dass er kürzlich eine neue Karte mit neuer Geheimzahl erhalten hat. Die Passwort-Datei ist im Telefon gespeichert. Aber er hat keinen Zugriff darauf. Mit List und Glück gelingt es am Ende, alles wieder in Gang zu bringen. Tiefes Durchatmen! Auf dem Gerät ist auch das digitale Fährticket für die Heimreise abgelegt. Am Abend spazieren wir am langen leeren Strand bis zur Seebrücke. Dort plaudern wir ausgiebig auf einer Bank vor der geschlossenen Bar.


Der Supermarkt macht erst um 9 Uhr auf, der Bäcker daneben heute gar nicht. Also keine Semmeln zum Frühstück. Am Strand und dann am Radweg entlang spazieren wir die vier Kilometer nach Borgholm. Die Stadt wirkt wie ausgestorben. Selbst in der Stora Torget sind kaum Menschen. Die meisten Geschäfte und Restaurants sind geschlossen, bzw. öffnen um 11:30 Uhr. Erst in einer Konditorei ist Leben. Wir nehmen belegtes Brot mit Kaffee und zum Schluss eine Zimtschnecke. Endlich tauchen Menschen auf den Straßen und Plätzen auf. Auf dem Rückweg kommt Otto ob der ungewohnten Schwüle gar ins Schwitzen. Rosi geht Schwimmen. Sie muss dazu weit gehen, obwohl der Strand direkt vor unserer Haustür liegt. Aber das Wasser will einfach nicht tiefer werden. Nachmittags faulenzen und lesen. Wir sehen zu, wie die Tretboote vom Strand weggeräumt werden. Der Campingplatz beherbergt nur noch drei Wohnmobile. Schweden schließt anscheinend Ende August! Im ICA besorgen wir Grillgut für den Abend. Und den beschließen wir wieder vor der leeren Bar auf der Seebrücke.


Småland

Frühstück mit Brötchen. Der Bäcker hat heute geöffnet. Drei fluffige Teile kosten ca. 3,50 €. Vor der Kalmarsundbrücke wird getankt. An Kalmar rauschen wir vorbei, ohne zu halten. Unser Ziel ist das Glasriket in Småland. Wo ist die Pukeberg Glashütte? In keinem Prospekt und auch nicht im Internet ist eine konkrete Adresse angegeben. In Nybro finden wir endlich ein Hinweisschild am Straßenrand. Baustelle! Kein Parkplatz! Die wollen uns hier nicht! Endlich haben wir eine Lücke für unser Gefährt. Fabrikbesichtigung mit Glasblasen ist nicht. Nur der unattraktive Verkaufsraum mit Glasnippes hat geöffnet. Pukeberg hatten wir ausgesucht, weil die Bilder im Internet nicht so touristisch aussahen. Pech gehabt. Was nun? Otto setzt sich mit der touristischen Kosta Glashütte durch. Der Himmel kleidet sich in tristes Grau als wir endlich vor dem Kosta-Outlet stehen. Man spürt sofort: hier wurde für Massen geplant. Aber in der Fabrik dürfen wir uns frei zwischen den Öfen und Maschinen bewegen und den Arbeitern bei ihrem heißen Handwerk zuschauen. Kaffeestube. Kunstausstellung. Genuss vor Kunst. Am Schluss Heimatmuseum Gamla Kosta. Na ja, da waren keine Künstler am Werk. Es tropft. Wohin weiter? Växjö oder Karlskrona? Wir entscheiden uns für die Südküste. Aber bereits nach wenigen Kilometern entdeckt Otto das Schild „Duvemåla“. Ab in den Wald. Die Großmutter des Schriftstellers Vilhelm Mobergs hat hier gelebt, von der er sich auch zur Romanfigur „Kristina“ hat inspirieren lassen. Das kleine Museum ist verwaist, der Ort wunderschön. Ganz klar, hier bleiben wir heute Nacht!


Blekinge

Ein letztes Mal in Schweden decken wir uns mit Lebensmitteln ein. Am Ortsrand von Karlskrona lockt ein Netto-Markt. Die Preise sind wirklich günstig, der Laden aber total verramscht und chaotisch. Der Hafenstellplatz hat in der ersten Reihe noch eine passende Lücke für uns. Das Kontor des Hafenmeisters ist ganz schön weit weg. 180 SEK sind für das Gebotene durchaus angemessen. Im entfernten Sanitärgebäude, Rosi zählt 420 Schritte one way, befindet sich neben kostenloser Waschmaschine und Trockner sogar eine Sauna. Für die Erkundung des Zentrums halten wir uns an den Vorschlag des offiziellen Tourist Guide. Blekinge Museum von außen, Fischmarkt leer, Stakholmen Schäre schön, Björkholmen mit wenigen aparten Holzhäusern, Werftmauer ein Witz, Ehrenwache nicht gefunden, Glockenturm. Bis hierher ist der Rundgang enttäuschend. Erst am belebten Stortorget gefällt es uns. Die runde Dreifaltigkeits­kirche ebenfalls. Auskühlen der heißen Sohlen am Womo. Kaffeetrinken, Lesen, Schauen. Am Abend machen wir den letzten und viel schöneren Teil der Rundtour: die Insel Stumholmen mit dem Marinemuseum und der Bastion Kungshall. Ein abgehärteter Schwimmer stürzt sich vom 10 m Turm ins kalte Nass. Weiter zur Bastion Aurora, zur Admiralitätskirche und ins Zentrum. Vor dem Womo spielen wir Rummikub bis das Licht nicht mehr reicht.


Skåne

Frühstück mit frischen Brötchen. Ein junger Mann steht mit seinem Dreirad auf dem Platz. 16 SEK kosten zwei Stück. Otto zückt das passen­de Kleingeld. „Only Creditcard“ – Schweden ist anders. Das Renaissanceschloss in Trolle Ljungby ist in Privatbesitz. Schilder verbieten den Zutritt. Das stattliche Anwesen ist von einem total veralgten Graben umgeben. Die ebenfalls unzugängliche Kapelle wurde zigmal erweitert, was sich in Form höchst unterschiedlicher Giebel und Dächer widerspiegelt. Das Vittskovle slot beim gleichnamigen Ort ist nicht minder prächtig, ebenfalls in Privatbesitz und kann wieder nur von außen besichtigt werden Nils Holgersson war auf seiner Reise mit den Wildgänsen auch hier. Ein einfaches handgemaltes Schild weist zu einem 500 m entfernten Café. In dem kleinen Garten ist richtig was los. Es scheint sich um einen Geheimtipp zu handeln. Wir hauen unser letztes schwedisches Bargeld für „Maräng bakelse“ auf den Kopf. Das Baiser-Gebäck mit Schokolade ist die Spezialität des Hauses, für das die Gäste von weit herkommen, wie uns der Inhaber stolz erklärt. Wir möchten unsere letzte Nacht bei Kivik an der Küste verbringen. Otto verpasst die Abzweigung und düst Richtung Ystad. Das Hafenkontor wurde bereits um 16 Uhr geschlossen, ebenso die Schranke. Auf einem großen Wiesengelände etwas weiter südlich haben sich zig Wohnmobilisten versammelt. Wir finden auch noch eine kostenlose Parzelle. Beim Abendspaziergang freuen wir uns über die bizarren Wolkenformationen und das Türkis des Meeres.Der nächtliche Regen hat die Mückenpopulation explodieren lassen. Frühstück gibt´s drinnen. Beim Entsorgen stürzen sich die Biester regelrecht auf Otto. Wir sehen zu, dass wir wegkommen. Die recht junge Rezeptionistin hat ihre liebe Not mit Kopfrechnen. 2 mal 16,15 müssen mit dem Taschenrechner kalkuliert werden. Als Otto ihr einen 50 € Schein plus 3 € gibt ist sie völlig überfordert. Tallinn wir kommen! Der Großteil der Strecke ist Autobahn. Wir steuern zum Pirita Caravan Park am Jachthafen. Im Rahmen der Olympiade 1980 waren hier die Segelwettbewerbe ausgetragen worden. Wir löhnen 20 € für eine asphaltierte Parkbucht. Duschen kostet 2 € extra. Aber letztlich ist der Platz ideal für die anstehende Erkundung der estnischen Hauptstadt. Ein Stadtplan und der Hinweis für die richtigen Buslinien sind gratis. Stadteinwärts fährt einer von uns beiden schwarz, weil der Busfahrer für die Bezahlung nur Münzen akzeptiert. In der Tourist Info erkundigen wir uns nach dem City Bus Angebot, nutzen es aber dann doch nicht. Wir wollen uns auf das Zentrum konzentrieren. Das Mittagessen nehmen wir in einem edlen kleinen Restaurant ein. Rosi erhält das falsche Essen, und wir dafür 10% Rabatt. Die übersichtlichen Portionen schmecken prima. Wir gehen zum Rathaus, zur Alten Apotheke, durch viele Gassen und Straßen. Eine Menge Baustellen beeinträchtigt das Vorwärtskommen wie auch das Fotografieren. Die Aussicht vom Turm der Olaikirche ist bombastisch. Es folgen das Schwarzhäupterhaus und die Burg, wo wir auch Kaffeepause machen. Tallinn ist schön und voller Menschen. Vom unterirdischen Busterminal – das muss man erst mal wissen und finden – geht´s zurück zum Jachthafen. In einem riesigen Einkaufszentrum in der Nähe besorgen wir unser Abendessen. Wir setzen uns in die Sonne und lesen. Nach einem Spaziergang über die lange Mole entdecken wir ein Womo aus Passau. Unglaublich - es handelt sich um einen Schulkameraden von Otto! Bis zum Sonnenuntergang gegen 23 Uhr sitzen wir mit Christine und Martin draußen und erzählen. Dann wird´s kühl.


Ystad hat sich für unseren Besuch in Schale geschmissen. Die alten Fachwerkhäuser leuchten bunt in der hellen Morgensonne. Überall Blumenschmuck. Am Stortorget vor dem alten Rathaus stellt die Kamera nicht mehr scharf. Geblendet von der Pracht? Abnehmen des Objektivs und Reinigen der Kontakte behebt zum Glück das Problem. Über das ehemalige Franziskanerkloster und die Kirche Santa Maria bewegen wir uns Richtung Hafen. Um 11 Uhr starten wir die letzten 50 km Richtung Trelleborg. Die Fahrt zieht sich. Tempolimit auf 70 km/h und viele Ortsdurchfahrten kosten Zeit. Besonders der erste Teil entlang der Küste entschädigt mit wunderschöner Aussicht. Schweden präsentiert sich zum Abschied noch einmal von seiner besten Seite. An der Fähre haben wir reichlich Zeit für interessante Gespräche mit den anderen Wartenden. Mit einer Stunde Verspätung legen wir ab. Das im Voraus gebuchte 3-Gang-Menü ist eine Enttäuschung. Das Restaurant ist voller Menschen, die hier gar nicht essen. Die Speisen selbst sind sehr einfach und die nicht einmal einstündige Zeitspanne bis zum Einlaufen in Rostock sorgt für Hektik. Um 21 Uhr sind wir schon auf der Autobahn Richtung Süden unterwegs. 40 km weiter in Güstrow schlafen wir auf einem kostenlosen Stellplatz.


Von Güstrow fahren wir an Berlin vorbei Richtung Leipzig. Der Verkehr fließt reibungslos. Wir nehmen die Landstraße Richtung Hof und kommen gegen 16 Uhr bei Günther in Weiden an. Toni ist in der Schule arbeiten. Abends treffen wir uns alle mit Margit und Richard beim Zoigl.

© copyright Otto Kinateder