Hintergrund

ATLANTIK KANADA
mit dem Wohnmobil

August 2007

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Prolog

Gegen Ende des Jahres 2006 trifft sich das 'Westkanada-2004-erfahrene-Team' Margit & Richard, Toni & Günther & Andreas, sowie Rosi & Otto für neue Reisepläne. Eigentlich sollte es beim nächsten Mal nach Yukon und Alaska gehen. Aber irgendwie werden die westlichen Atlantikprovinzen Kanadas daraus. Nach allerlei Vorgesprächen und individuellen Planungen steht fest: wir fliegen am 16. August 2007 nach Halifax in Nova Scotia. Wieder wird uns Fraserway 3 Recreation Vehicles (RV = Wohnmobil) vermieten. Richard und Margit nehmen einen Pickup-Camper für 2 Erwachsene, Toni, Günther und Andreas ein 22 ft. Motorhome mit 3 festen Betten. Rosi und Otto nehmen ein 20 ft. Motorhome mit 2 festen Betten. Die Reiseroute ist ihren Grundzügen (was wollen wir sehen - wo werden wir übernachten?) komplett durchgeplant. Natürlich lassen wir uns die Freiheit, vor Ort individuell Korrekturen vorzunehmen. Die Oberbayern Rosi und Otto fliegen per Lufthansa von München über London nach Halifax, die restliche Gruppe von Frankfurt direkt nach Halifax mit Air Transat.


Donnerstag 16. August

München - Halifax
Pünktlich um 9.10 Uhr starten wir in München. Der Aufenthalt für den Zwischenstopp in London Heathrow ist mit 2 Stunden reichlich bemessen. Am Ende schaffen wir unsere Air Canada Maschine gerade noch. Die Sicherheitskontrollen im Transitbereich erzeugen unendliche Warteschlangen und sind schwer nachvollziehbar: einerseits muss jeder Fluggast sogar seine Schuhe ausziehen und mit dem Handgepäck auf das Förderband beim Röntgencheck legen - andererseits wird der Inhalt des Handgepäcks beim Röntgen praktisch nicht geprüft. Ottos umfangreiche Fotoausrüstung war noch auf jedem Flughafen akribisch durchsucht worden, hier nimmt man keine Notiz von den vielen technischen Geräten (diverse Ladegeräte, Spannungswandler, Kameraschwenkmotor und vieles mehr). Die Prozedur sollte sich übrigens auf dem Rückflug genau so wiederholen.
Den Flug von London nach Halifax verkürzt uns die liebenswerte Flugbegleiterin Rosi, die mit Rosi schnell ein Herz und eine Seele wird. Gegen 15 Uhr Ortszeit betreten wir müde kanadischen Boden. Günther und Richard warten am Airport schon auf uns. Toni, Margit und Andreas vergnügen sich derweil im Airport Hotel und genießen den erfrischenden Pool. Zunächst haben wir vor, noch nach Halifax Downtown zu fahren. Die 30 Kilometer Distanz mit den daraus resultierenden Taxikosten und die bereits fortgeschrittene Uhrzeit halten uns letztendlich davon ab. Wir reservieren einen Tisch im Hotelrestaurant, erzählen einander von unseren Erlebnissen auf der Anreise und freuen uns auf die kommenden Urlaubstage. Morgen wird uns ein Pick up Service vom Hotel zum Vermieter bringen. Rosi und Otto haben 18 Tage Zeit, bevor sie zuhause wieder ihrer Arbeit nachgehen müssen. Der Rest der Gruppe hat ganze 3 Wochen Urlaub.


Freitag 17. August

Bedford - Porters Lake Provincial Park (57 km)
Genau Mitternacht schlägt der Radiowecker des Hotelzimmers Alarm! Erst nach mehreren vergeblichen Versuchen gelingt es Otto, den Störenfried dauerhaft zum Schweigen zu bringen. Gegen 3 Uhr bricht ein schweres Gewitter über uns herein. Danach lässt uns der Jet-Lag nicht mehr schlafen. Um 6 Uhr 'dürfen' wir endlich aufstehen, wir hatten uns für 7 Uhr zum gemeinsamen Frühstück verabredet. Die Sonne versteckt sich hinter einer dichten Wolkendecke. Rosi und Otto nehmen den ersten Abholservice um 8.30 Uhr. Die Anderen kommen eine Stunde später nach. Die Fahrzeugübergabe gestaltet sich problemlos. Die angebotene Zusatzversicherung, die eine Selbstbeteiligung bei Glasschäden abdeckt und ca. 100 kanadische Dollar (etwa 70 Euro) kosten würde, halten wir für nicht erforderlich. Mittags sind alle Formalitäten erledigt, die technische Einweisung abgeschlossen, die Fahrzeuge beladen und wir Aufbruch-bereit. Im nahe gelegenen 'Atlantic Superstore' kaufen wir die erste Überlebensration. Danach geht die Reise endgültig los. Von Bedford über Dartmouth steuern wir den Porters Lake Provincial Park an. In Dartmouth nehmen wir nicht den schnelleren Circumferential Highway, sondern bleiben auf dem Hwy 7 und schlängeln uns durch die Innenstadt an der Waterfront an alten Holzhäusern entlang. Dabei haben wir einen schönen Blick auf das gegenüber liegende Halifax. Der Umwege nicht genug, beratschlagen wir direkt am Ziel genau vor der Parkeinfahrt, wo's denn wohl in den Park geht, finden die Zufahrt nicht und umrunden zunächst den halben See, bevor wir umkehren. Der Campground ist durchaus attraktiv, eine kleine vorgelagerte Insel für Zelte reserviert. Trotz des schlechten Wetters gehen Andreas, Günther und Richard Schwimmen. Feuerholz gab's beim Office am Parkeingang, also wird gegrillt. Leichter Regen vertreibt uns nach dem Essen vom Lagerfeuer.


Samstag, 18. August

Porters Lake Provincial Park - Boylston Provincial Park (245 km)
Die Insassen aller 3 Camper sind wegen der Zeitverschiebung bereits um 6 Uhr wach. Es regnet immer noch - das bedeutet, dass wir getrennt in unseren Fahrzeugen frühstücken. Rosi geht als erste Duschen und hat nur kaltes Wasser. Zum Glück funktioniert nachher die Heizung wieder. Frisch gewaschen brechen wir gegen 8 Uhr auf. Der Marine Drive entlang der Atlantikküste ist eine der landschaftlich reizvollsten Straßen unserer Tour. Leider sehen wir wegen des anhaltenden schlechten Wetters praktisch nichts von der bezaubernden Natur. Nach etwa 100 km machen wir bei einer schmucken kleinen Kirche Rast. Der Regen hat gerade aufgehört und wir starten eine kurze Wanderung. Wenige Minuten später setzt er wieder ein und jagt uns in unsere Fahrzeuge und auf die Straße zurück. 70 Kilometer weiter erreichen wir Sherbrooke Village, ein Museumsdorf, das uns 150 Jahre zurückschauen lässt. Der Eintritt kostet 9 $ pro Person. Die freundliche Dame an der Kasse gibt uns auch noch kostenlos ein paar Leihschirme. Das erste Gebäude ist eine Schmiede. Der Blacksmith soll in 20 Minuten wieder kommen. Also machen wir im Restaurant gegenüber eine kurze Lunchpause. Auch danach ist kein Schmied da. Wir bummeln weiter im anhaltenden Regen durch das historische Dorf. Otto ist wegen dieser Unbilden sauer und genervt. Wenige Kilometer entfernt sind die zum Museum gehörige Sägemühle und ein Hammerwerk, in dem Erz für die Goldgewinnung zertrümmert wurde. Endlich lässt sich zwischen den Wolken auch mal die Sonne blicken. Das ermöglicht uns eine Kaffeepause auf dem Picknickplatz vor dem idyllischen Wasserrad. Die restliche Strecke für heute ist nicht mehr allzu weit. Nach kurzer Beratung verlassen wir den Hwy 316 und nehmen die Abkürzung über die S River Lake Rd zum Boylston Provincial Park. Das bedeutet 19 km unpaved road (Schotterpiste). Letztendlich sparen wir sicherlich keine Zeit, dafür aber ein paar Kilometer. Die Parkzufahrt sieht aus, als gehöre sie zu einem gepflegten Golfplatz. Steil führt sie einen Hang hinauf. Oben thront der Parkwächter in seinem Office. Wir nehmen für die 3 Fahrzeuge einen Doppelplatz und bezahlen nur für 1 (=15$). Die Campsites liegen auf der anderen Seite des Bergs und sind alle ein wenig schräg - was soll's, dann liegen wir heute eben nicht in der absolut Waagerechten. Andreas, Günther und Richard gehen Schwimmen. Beim späteren Stromern durch die nähere Umgebung finden Andreas und Günther auch noch reichlich leckere Pfifferlinge. Mücken haben uns als Beute ausgemacht. Zum Schutz vor möglichem Regen haben wir eine mitgebrachte Plane zwischen Bäume über die Sitzbank gespannt.


Sonntag 19. August

Boylston Provincial Park - Mira River Provincial Park (243 km)
Der Sturm in der Nacht hat unsere Regenplane in die Büsche verfrachtet. Sie ist zum Glück heil geblieben. Dafür ist aber die Sitzbank nass und wir müssen wieder drinnen frühstücken. Zur Entschädigung erleben wir aber einen romantischen Sonnenaufgang mit herrlichem Morgenrot. Um 8 Uhr brechen wir Richtung Norden auf. Wir nehmen den Hwy 16. Da wir die Abfahrt auf den Hwy 4 verpassen, fahren wir die alte Parallelstraße nach Port Hawkesbury und weiter nach Cape Breton. Ein erster Tankstopp ist fällig. Wir sind inzwischen 500 km gefahren und tanken 110 Liter Normalbenzin für umgerechnet 85 Euro. Das bedeutet, dass die V8 Motoren etwa 22 Liter auf 100 km konsumieren. Wegen des akzeptablen Benzinpreises und günstigen Wechselkurses belaufen sich die Treibstoffkosten auf erträgliche 16 bis 17 Euro pro 100 km. Mittags erreichen wir Louisbourg mit seinem berühmten Fortress. Es ist die 32,70 $ Eintritt absolut wert. Bei herrlichem Sonnenschein werden wir am Tor von der Wache empfangen und nach Angabe der Parole "Vive la Roi" eingelassen. Soldaten, Bauern, Bürger flanieren durch die Gassen oder arbeiten in ihren Handwerksbetrieben. Toni kauft Brot für uns alle. Wir nehmen an einer 'Militärdemonstration' teil: Soldaten ziehen durch das Fort, lautstark von Trommlern begleitet. Gewehrsalven werden auf imaginäre Angreifer abgefeuert. Am Ende schlägt mit enormem Knall eine der großen Kanonen den Feind in die Flucht. Später erleben wir, wie ein Dieb öffentlich angeklagt und an den Pranger gestellt wird. In den vielen Stuben der alten Häuser erhalten wir Einblicke in das mühsame Leben einer 'guten alten Zeit'. Die letzte Vorstellung, wieder eine Demonstration der militärischen Wehrhaftigkeit, diesmal in der Königsbastion, fällt wegen des einsetzenden Platzregens buchstäblich ins Wasser. Also besichtigen wir die zum Teil sehr prunkvollen Räume drinnen und verlassen das Fortress voller wunderschöner Eindrücke. Der Weg zum Mira River Provincial Park ist nicht weit. Die Sonne sieht uns zu, wie wir unsere 3 Camper in einer trutzhaften Wagenburgformation auf 1 Campsite gruppieren. Die Regenplane befestigen wir heute sturmfest über den beiden zusammen gestellten Tischen. Zum gemeinsamen Abendessen gibt es die Pfifferlinge vom Boylston Provincial Park. Rosi und Otto spazieren durch das weitläufige Parkgelände. Mitten drin befindet sich ein Friedhof. Interessant, wie unkompliziert man hier mit (Camping-)Leben und Tod umgeht. Bei unserer Entdeckungstour durch die Gräberreihen stoßen wir auf eine kleine Schlange, die sich bei unserem Näherkommen ängstlich verkriecht. Auf einem Weg trottet unbeirrt von uns Menschen ein Fuchs daher. Im Schein des Lagerfeuers sitzen wir zusammen, bis uns ein später Regenschauer in die Betten vertreibt.


Montag 20. August

Mira River Provincial Park - Ingonish im Cape Breton Highlands National Park (177 km)
Heute konnten wir das erste Mal ausschlafen. In allen Fahrzeugen regt sich Leben nach 7 Uhr. Freundlich lacht uns die Sonne zu, wie wir genüsslich im Freien frühstücken. Vor der Abfahrt entleeren wir die Abwassertanks und nehmen frisches Trinkwasser auf. Unachtsam bespritzt sich Otto mit der übel riechenden Flüssigkeit beim Verstauen des Abwasserschlauchs. Um 10 Uhr sind alle RVs ent- und versorgt. Wir starten Richtung Norden an der Atlantikküste entlang. Gegen 13 Uhr halten wir am Cape Smokey. Toni ist sauer über die kanadischen Straßenverhältnisse, sowie Günthers Raserei und Fahrstil. Andreas wäre beinahe aus dem Bett gefallen! Margit und Richard hat der Verkehr ein Trinkglas gekostet. Ungeachtet dieser Pannen machen wir uns alle gemeinsam auf einen etwa 5 km langen Wanderweg mit mehreren interessanten Aussichtspunkten auf die steile Atlantikküste. An einer mit Regenwasser vollgelaufenen Senke müssen wir umkehren. Zurück bei unseren Autos stärken wir uns mit Kaffee und Gebäck. Danach erreichen wir den südöstlichen Zugang zum Nationalpark bei Ingonish. Wir bezahlen das Permit für 2 Tage und kaufen in einem Supermarkt die dringend nötige Überlebensration für diese Zeitspanne. Unsere 3 Campsites liegen direkt nebeneinander. Das Holz, das wir gerade erstanden haben, ist total nass und das Feuer kaum in Gang zu bringen. Letztendlich können wir dennoch riesige Fleischportionen darauf grillen. Wir haben offensichtlich unseren Konsum auf kanadische Dimensionen umgestellt. Die Abendstimmung am Strand ist phänomenal. Andreas und Richard erfrischen sich im kalten Atlantik, um sich danach am Lagerfeuer wieder aufzuwärmen.


Dienstag 21. August

Ingonish - Cheticamp (142 km)
Beim sonnigen Frühstück besprechen wir unsere heutigen Tagesziele. Am White Point machen wir den ersten Halt und wandern zur Landspitze. Es ist wunderschön hier. Bis Sugarloaf sind es etwa 25 km. Der endlose Sandstrand bei Cabot's Landing steht in völligem Gegensatz zu den Klippen von White Point. Nur weitere 10 km nördlich liegt das verlassene Fischerdorf Bay St. Lawrence in der gleichnamigen Bucht. Wir möchten hier gerne zur Walbeobachtung raus fahren. Die Dame an der Kasse in der Hütte von 'Captain Cox's Whale Watch' erklärt uns freundlich, dass die nächste Fahrt in 1 Stunde beginnt, etwa 2 bis 2 ½ Stunden dauert und 25 $ pro Person kostet. Wir beratschlagen kurz und wollen Tickets kaufen. Die Mastercard wird nicht akzeptiert! Wir prüfen unsere Bargeldreserven: Margit und Richard haben noch 30$, Toni und Familie 50$, Rosi und Otto 40$. Bevor das Geschäft komplett durch die Lappen geht, nimmt man uns offensichtlich lieber für unsere letzten Groschen mit. Die Fahrt beginnt in recht rauer See an der Küste entlang. Wir sehen diverse Felsformationen, einen Wasserfall, aber keine Wale! Irgendwann entdecken wir Seehunde. Leider gucken sie nur kurz neugierig aus dem Wasser um gleich darauf wieder zu verschwinden. Wir sind schon 1 Stunde unterwegs. Endlich tauchen dreieckige Flossen auf. Leider bleiben die dazugehörigen Meeresbewohner konsequent unter der Wasseroberfläche. Wir erfahren, dass es sich um Sunfishes handelt, von den Fischern verschmäht und auch von uns nicht geliebt. Noch haben wir keinen einzigen Wal gesehen! Unser Skipper sucht die Wasseroberfläche und den Horizont ab. Schließlich dreht er bei und fährt Richtung Hafen. Wir sind enttäuscht: jetzt haben wir zwar Geld gespart, dafür aber keine Wale gesehen. Doch dann beginnt ein imposantes Schauspiel. Mehrere Rudel Pilotwale tummeln sich nahe am Boot. Sie gleiten graziös durch die Wellen, unterbrochen von lautem Prusten durch die Blaslöcher. Fotografieren ist allerdings schwierig. Der Kamerasucher schränkt den Blickwinkel zu sehr ein. Kaum hat man ein Tier mit dem Auge entdeckt und schaut durch den Sucher, ist es wieder verschwunden. Im Digitalzeitalter ist Fotoausschuss Gott sei Dank zumindest kein finanzielles Thema mehr. Wir kreuzen lange Zeit mit den 'Pilots' durch die raue See. Auch unserem Skipper scheint es zu gefallen. Erst nach 3 ½ Stunden gehen wir begeistert an Land. Noch haben wir ein gutes Stück Strecke vor uns. Über Pleasant Bay und Wreck Cove Point an der Küste, danach wieder durch das Landesinnere, gelangen wir an den berühmten Aussichtspunkt bei Cap Rouge. Der Cabot Trail windet sich hier an der steilen Küste entlang über die Berge. Gleich dahinter liegt Cheticamp, unser heutiges Nachtquartier. An der Kasse des Campground müssen wir lange warten und erhalten wenig attraktive und kleine Sites direkt gegenüber der Zufahrt. Das macht uns aber heute nach so einem schönen Tag überhaupt nichts aus. Wir gehen nach dem Abendessen noch in die Abendveranstaltung im Theater und erfahren Wissenswertes über die Wildkatzen Ostkanadas.


Mittwoch 22. August

Cheticamp - Whycocomagh Provincial Park (153 km)
Wir müssen am Morgen etwa 10 km zurück Richtung Norden zum Corney Brook. Den gleichnamigen Bach entlang führt ein leichter Wanderpfad zu einem kleinen Wasserfall. Bestimmt kein Highlight, aber die insgesamt zweistündige Wanderung durch den von Sonnenlicht durchwirkten Wald ist trotzdem sehr angenehm. Anschließend geht Günther im Gulf of St. Lawrence schwimmen. Der Rest sitzt am Kiesstrand, erzählt, liest, döst. Wir fahren Richtung Süden. Im Ort Cheticamp schlägt der Versuch fehl, am Geldautomaten mit der EC-Karte Bargeld abzuheben. Der nebenan gelegene Coop Lebensmittelmarkt versorgt uns dennoch ausreichend - Mastercard sei Dank! Baddeck am Bras D' Or Lake ist etwa 90 km entfernt. Dort erklärt man uns, dass auf jeden Fall die Geldautomaten der RBC (Royal Bank of Canada) gegen deutsche EC-Karten kanadische Dollars rausrücken. Am St. Patrick's Channel machen wir auf einer Picknick Bank direkt am Yachthafen Kaffeepause. Der Ort ist sehr klein. Das Graham Bell Museum sparen wir uns, besorgen dafür aber 'geistigen' Nachschub im Liquor Store. Vom Whycocomagh Provincial Park trennen uns nur noch 30 km. Die Campsites liegen offen auf Wiesengrund. Zu Abend gibt es heute gegrillten Fisch unter reger Beteiligung großer Mückenschwärme.


Donnerstag 23. August

Whycocomagh Provincial Park - (Prince Edward Island) Northumberland Provincial Park (206 km)
Rosi und Otto tragen die Picknickbank hinter den Camper. Hier sitzen wir in der noch tief stehenden Morgensonne. Der Tag soll dem gemeinsamen Faulenzen und Baden gewidmet sein. Vor dem Vergnügen gilt es noch die RVs zu ent- und zu versorgen. Otto hat jetzt schon Routine und bespritzt sich nicht wieder. Nach 80 km Fahrt erreichen wir den Badestrand von Bayfield. Er gefällt uns nicht. Wir starten durch nach Pictou zur Fähre um gleich nach Prince Edward Island überzusetzen. Um 13 Uhr soll sie ablegen. Nach rasanter Fahrt kommen wir 10 Minuten vorher an. Toni und ihre Familie haben Glück und dürfen als Letzte an Bord. Margit, Richard, Rosi und Otto bleiben mit langen Gesichtern zurück. Den Badetag hatten wir uns anders vorgestellt. Wegfahren macht auch keinen Sinn, da wir uns ja sonst wieder hinten in die Schlange einreihen müssten. Wir essen eine Kleinigkeit und warten auf das nächste Schiff. Gegen 16 Uhr erreichen wir endlich die Insel. Der Northumberland Provicial Park liegt nur wenige km vom Hafen entfernt. Kilometerbreiter Sandstrand entschädigt etwas für den verbummelten Tag. Das Feuerholz, was wir hier gekauft haben, ist wieder total feucht und brennt schlecht. Trotzdem schmecken die Rindersteaks ausgezeichnet.


Freitag 24. August

Northumberland Provincial Park - PEI National Park Cavendish (148 km)
Die Nacht war erstaunlich warm. Jetzt am Morgen ist der Himmel wolkenverhangen. Das kann uns natürlich nicht abhalten, im Freien zu frühstücken. Jackrabbits und Squirrel kommen ohne Scheu ganz nahe heran. Mit der Abfahrt setzt Regen ein. Über den Hwy 1 erreichen wir Charlottetown, wo wir auf einem großen gebührenpflichtigen Parkplatz am Hafen halten. Leichter Regen begleitet uns durch die historische Altstadt. Wir besuchen die katholische St. Dunstan Kirche. Im Haus des Gouverneurs genießen wir eine private Führung. Die Schuhe müssen vor der Türe stehen bleiben. Es ist schon erstaunlich, wie offen diese Residenz, die bewohnt und benutzt wird, für uns Touristen steht. Die Räume sind sehr stilvoll eingerichtet. Anschließend bummeln wir zurück zum Hafen und genehmigen uns dort Hummer zum Lunch. Es schmeckt vorzüglich, allerdings ist 1 Krustentier von 1 Pfund tatsächlich recht wenig für 1 Person. Danach geht's weiter zum Nationalpark. Unterwegs stellen wir fest, dass wir von unterschiedlichen Zielen ausgegangen sind. Während Toni als heutiges Leitfahrzeug dem östlichen Teil bei Stanhope zusteuert, wollte Rosi in den Westen nach Cavendish, um dort das Green Gables Museum zu besuchen. Das Wetter - es regnet jetzt in vollen Strömen - lässt kaum Outdoor Aktivitäten zu. Also wenden wir uns Richtung Cavendish im Westen. Für einen Besuch des Museums ist es allerdings heute zu spät. Wir steuern den Nationalpark an. Am Eingangsoffice sagt man uns, wir sollen uns einen Platz suchen und danach zum Bezahlen kommen. Gesagt, getan! Nahe am Sanitärgebäude finden wir 3 akzeptable Campsites. Als Otto für alle zum Bezahlen fährt, wird ihm mitgeteilt, dass die ausgesuchten Areale vorreserviert sind. Wir erhalten andere zugewiesen, wieder nahe an einem Sanitärgebäude, diesmal sogar mit Wasser- und Stromanschluss. Es regnet unaufhörlich, wir essen Abendbrot in unseren RVs. Danach setzen wir uns in einer der Hütten zusammen und beratschlagen, wie wir die Tour weiter gestalten wollen. Rosi und Otto möchten mehr vom Land sehen, der Rest der Gruppe es eher beschaulich angehen lassen. Wir werden uns morgen tagsüber trennen und uns abends am Linkletter Provincial Park wieder treffen.


Samstag 25. August

Cavendish - Linkletter Provincial Park (226 km)
Nach dem Frühstück gehen Rosi und Otto noch für eine halbe Stunde am Strand spazieren. Pünktlich mit der Öffnung um 9 Uhr sind wir in Green Gables und besichtigen das Gelände und die Räumlichkeiten. Alles ist im Stil der berühmten 'Anne'-Bücher von Lucy M. Montgomery eingerichtet und sieht ein wenig nach Puppenstube aus. Trotzdem nett anzuschauen. Wir laufen den Waldwanderweg. Danach trennen wir uns vom Rest der Truppe und fahren, wie gestern Abend besprochen, alleine weiter. Ganz in der Nähe ist der Friedhof, auf dem die Schriftstellerin, sowie ihr Ehemann und die Großeltern, bei denen sie aufwuchs, beerdigt sind. In Clifton nahe New London steht ihr Geburtshaus. Hier herrscht viel weniger Trubel, es ist auch weitaus einfacher eingerichtet. In Miscouche erwartet uns das Acadian Museum. Es erklärt sehr anschaulich das Leben und die Nöte der Acadier, der französisch-stämmigen ersten Siedler. Auch die nebenan liegende Kirche ist einen kurzen Besuch wert. Wir fahren weiter nordöstlich nach Lennox Island. Hier ist das Zentrum der Micmagh Indianer. Den geplanten 'Rundweg der Väter' gehen wir nicht, da uns am Startpunkt die Moskitos regelrecht überfallen. Eine Schautafel im Dorf beschreibt die Sitten, Gebräuche und führt in die indianische Mythologie ein. Am Meer genießen wir Kaffee mit Apfelkuchen und Eis. In O'Leary wird wieder getankt. Am Parkplatz des hiesigen Kartoffelmuseums lassen wir den Camper stehen und besuchen das nebenan gelegene Schulhaus von Alaska (Alaska bei O'Leary). Es soll sich dabei um die älteste und kleinste erhaltene Schule von Prince Edward Island handeln. Sie wurde bis 1972 genutzt und besteht hinter dem kleinen Eingangsbereich aus einem einzigen Raum. An der Wand hängen Fotos der Schüler der Abschlussklasse dieses Jahres. Direkt nebenan wurde die alte St. Theresa's Roman Catholic Mission Church neu aufgebaut. Das Kartoffelmuseum haben wir übrigens mangels Interesse nicht besucht. Nach Westpoint an der Südwestküste sind es nur ein paar Minuten. Hier steht ein schöner Leuchtturm, der inzwischen als Restaurant genutzt wird. Bei unserer kurzen Strandwanderung treffen wir eine kleine Hochzeitsgesellschaft, die in festlicher Kleidung Erinnerungsfotos im Wasser macht. Linkletter ist etwa 70 km entfernt. Dort stoßen wir im Provincial Park wieder zum Rest unserer Gruppe. Die Campsite ist schön, sehr groß und direkt am Meer. Der Tidenhub ist enorm und jetzt bei Niedrigwasser müssen Margit, Toni, Richard und Andreas weit raus im seichten Wasser gehen, um endlich schwimmen zu können. Rosi hatte in Northumberland Pfifferlinge gefunden, die es jetzt am Abend für alle gibt.


Sonntag 26. August

Linkletter Provincial Park - Cape Enrage (237 km)
Um 8.30 Uhr brechen wir zur 30 km entfernten Confederation Bridge auf. Sie ist 1997 in Betrieb genommen worden, 13 km lang und verbindet Prince Edward Island mit dem Festland. Am Ende der Brücke stoppen wir am Infozentrum. Hier erhalten wir auch dringend benötige Straßenkarten von New Brunswick, wo wir uns jetzt befinden. Die knapp 100 km bis Moncton fliegen nur so an uns vorbei, wobei anfangs die Straßenverhältnisse ziemlich übel sind. Von Moncton bis Hopewell zu den berühmten Flower Pot Rocks geht es auf recht kurvenreichen weiteren 40 km voran. Hier an der Bay of Fundy kann man den weltweit höchsten Tidenhub mit bis zu 15 m erleben. Heute ist Höchststand um 11.05 Uhr mit 10,9 m und Niedrigstand um 17.39 Uhr mit 2,8 m - also immerhin 8 m Differenz. Um 11.30 Uhr kommen wir an und sehen die oben baumbewachsenen Felsnadeln trutzig aus den braunen Fluten ragen. Wir dokumentieren die Situation mit einer Reihe von Fotos. Danach ziehen wir uns auf den Parkplatz zu unseren RVs zurück und machen Mittagspause. Um 14.30 Uhr soll der Wasserstand bereits so weit zurückgegangen sein, dass man trockenen Fußes um die hohen Felsnadeln herumgehen kann. Tatsächlich - der Eindruck ist imposant. Wo ist nur das ganze Wasser geblieben? Mehr als 2 Stunden laufen wir auf dem 'Meeresgrund' an der Küste entlang. Wir erklimmen hohe Klippen und tapsen in breiigen Morast. Zum Glück stehen am Eingang Fußbrausen und Schuhputzbürsten. Es war wunderschön hier. Unser heutiger Plan sieht vor, im Fundy National Park zu übernachten. Auf dem Weg dorthin wollen wir noch am Cape Enrage einen Zwischenstopp machen. Der erste Teil der Strecke auf dem Hwy 114 ist ja noch ganz passabel. Die letzten 20 km entlang der Küste auf dem Hwy 915 sind eine Tortur für Fahrzeuge und Insassen. Dafür entschädigt uns das Kap mit seinen steilen Klippen und einem schönen Leuchtturm. Eine Gruppe von Studenten unterhält und renoviert die Einrichtung und bittet uns um eine freiwillige Spende von 8 $ pro Person. Rosi hat die Idee, zu fragen, ob wir hier übernachten dürfen. Für 25 $ pro Camper lässt man uns bleiben. Warum sollten wir noch bis zum Nationalpark fahren, wenn wir dort ohnehin nur übernachten wollen? Andreas möchte lieber weiter, vermutlich weil ihm der geliebte Feuerplatz fehlt. Er wird vom Rest der Gruppe überstimmt. Rosi kocht Kartoffelsalat für alle, dazu gibt's Würstchen. Die saftigen Steaks müssen auf den nächsten Grillplatz warten. Nebel zieht auf. Richard entdeckt am unwegsamen steinigen Strand eine tote Elchkuh. Wir können uns nicht darauf einigen, ob sie nun die steilen Klippen abgestürzt oder von der Flut hier angespült worden ist. Beim letzten Blick vom Leuchtturm hinunter auf die Bay of Fundy verknackst sich Richard noch das Sprunggelenk. Cape Enrage ist ein wahrlich gefährlicher Ort.


Montag 27. August

Cape Enrage - Five Islands Provincial Park (342 km)
Otto hält die bezaubernden Lichtverhältnisse des Sonnenaufgangs fotografisch fest. Danach fahren wir zurück nach Moncton. Hier werden neue Vorräte gebunkert. In Sackville wollen auch die durstigen Camper neuen Treibstoff. Unter 20 Liter Verbrauch pro 100 km sind nicht machbar! Richards Kreditkarte wird nicht akzeptiert. Otto's Konto ist offensichtlich noch gedeckt, also kann er aushelfen. Danach trennen sich auch heute wieder unsere Wege. Die 'Badehungrigen' nehmen den direkten Weg über Hwy 302 und 2 Richtung Parrsboro, Rosi und Otto den Umweg entlang der Küste über Hwy 242 und Shulie Road. Diese Strecke ist größtenteils in sehr gutem Zustand. Unterwegs halten wir wiederholt an: blühende Landschaft am River Hebert, Joggins Fossil Cliffs und kleine romantische Bachläufe laden zum Verweilen ein. Am gepflegten Rastplatz vor dem Eingang zum recht neuen Chignecto Provincial Park genehmigen wir uns die obligatorische Kaffeepause. Wir genießen den Blick auf die weite Bucht zwischen Cape Chignecto und Cape D'Or. Letzteres wird unser nächstes Ziel. Nach 1 km gut befahrbarer Gravel Road informiert ein Schild, dass die Landspitze nur noch 4,3 km entfernt ist. Die Piste ist jetzt in üblem Zustand. Passagen mit mehr als 15% Steigung oder Gefälle sind nur auf der linken Fahrbahnseite zu bezwingen, da die rechte extrem ausgefahren (Wellblech) ist. Kaum schneller als Schrittgeschwindigkeit quälen wir uns und den ächzenden Camper vorwärts. Der Blick auf das Kap ist überwältigend und entschädigt komplett. Steil ist der Pfad hinab zum Lighthouse. Wir spazieren in der warmen Sonne und rasten auf bereit gestellten Liegestühlen. Der Rückweg ist gar nicht so anstrengend wie befürchtet. Die Fahrt geht weiter ostwärts die Südküste entlang. Riesige Blaubeerfelder säumen die Straße. In Parrsboro finden wir die Abzweigung des Hwy 2 nicht. Eine freundliche Auskunft am Straßenrand erweist sich als gut gemeint, aber falsch. Letztlich bringt uns unser Orientierungssinn doch zurück auf die richtige Strecke. Voller Eindrücke erreichen wir Five Islands. Ein Schild am Eingang des Parks weist darauf hin, dass hier diverse Baumaßnahmen im Gang sind. Bereits die Zufahrt hat sie dringend nötig. Unsere Freunde haben es sich in dem sehr schrägen Gelände tagsüber schon gemütlich gemacht. Es ist uns nicht möglich, einigermaßen eben zu stehen. Das wird heute Nacht dazu führen, dass wir in unseren Betten talwärts gleiten. Die Feuerstelle überspannt ein sehr hochbeiniger Grillrost. Wir türmen das Feuerholz auf, um einigermaßen Hitze an das Grillgut zu bringen. Anstelle der geplanten Rindersteaks essen wir Bacon mit Pilzen, da wir fürchten, das wertvolle Rindfleisch mehr zu wärmen, denn zu grillen. Moskitoschwärme sorgen für eine deutliche Autan Reduktion.


Dienstag 28. August

Five Islands Provincial Park - Blomidon Provincial Park (241 km)
Als wir um 9 Uhr aufbrechen ist das Minas Basis mal wieder leer. Es ist schon erstaunlich, was Ebbe und Flut hier bewirken. Unsere 'Badenden' haben von gestern berichtet, wie ihnen mit Beginn des Niedrigwassers das Meer buchstäblich unter den Füßen davonlief. Wir wählen den Hwy 2 via Truro. Von dort wenden wir uns südlich Richtung Halifax. Die etwas längere Küstenstraße (Hwy 215) hat unser Führer ausdrücklich nicht empfohlen. Mittags kommen wir in Grand Pre an. Die Ausstellung vermittelt einmal mehr die Leidensgeschichte der Acadier. Im hübschen Park mit einer Statue der treuen, betrogenen und enttäuschten Evangeline flanieren wir im warmen Sonnenlicht. Ein kurzer Abstecher bringt uns an die Küste bei Long Island, wo wir Kaffeepause machen. Wir haben von hier einen schönen Blick auf den Blomidon Provincial Park auf der anderen Seite der Bucht. Dorthin ist es nicht weit. Vor der Parkeinfahrt machen wir noch einmal Halt, um am schönen Strand zu baden. Es ist 16 Uhr und das Wasser mal wieder auf der Flucht! Unsere Campsite ist die größte der ganzen Reise. Wir wollten 1 für alle drei RVs und haben ein halbes Fußballfeld direkt an der Steilküste mit herrlichem Blick auf die Bay erhalten. Wir vertreiben uns individuell die Zeit: Margit geht joggen, die Anderen lesen und frönen dem Müßiggang.


Mittwoch 29. August

Blomidon Provincial Park - Kejimkujik National Park (216 km)
Nach dem Frühstück wandern wir den 5,5 km langen Jodrey Trail entlang der Bay. Richard kann wegen seines lädierten Sprunggelenks nicht mitgehen und Andreas betreut ihn am Strand. Der Weg führt überwiegend durch Waldgebiet. Deswegen ist es auch nicht so heiß. Rosi und Otto gehen am Ende noch schnell duschen, die anderen warten am Wasser. Rosi stellt fest, dass ihre Brille fehlt. Deshalb kehren wir noch einmal zur Campsite zurück, wo wir sie zum Glück neben dem Picknicktisch am Boden finden. Bis Port Royal bei Annapolis Royal ist es 130 km weit. 1604 gründete hier Samuel de Champlain die 1. französische Siedlung an der Bay of Fundy. Anhand historischer Dokumente hat man das wehrhafte Dorf rekonstruiert. Der Rundgang durch die einzelnen Gebäude ist informativ und kurzweilig. Und natürlich gab's auch heute eine Kaffeepause - vor der Besichtigung. Der Hwy 8 bringt uns zu unserem heutigen Nachtplatz, dem Kejimkujik National Park. Wir bezahlen den Parkeintritt und stoppen am Information Centre. Beim Begleichen der Gebühr für die Campsite teilt man uns mit, dass wir maximal bis Freitag bleiben könnten, da der Park am Wochenende wegen des anstehenden Labor Day komplett ausgebucht sei. Rosi und Otto wollen sowieso nur 1 Nacht bleiben, da für sie das Ende der Reise naht. Die Anderen reservieren zunächst auch nur für 1 Nacht und werden morgen entscheiden, ob sie noch verlängern. Der riesige Lake Rossignol im Herzen des Parks ist wunderschön. Die Campsites herum sind aber zwischen dicht stehende Bäume gezwängt und sehr duster. Der Weg zum Sanitärgebäude ist weit. Viele kanadische Besucher nutzen hierfür sogar ihre Fahrzeuge. Rosi und Otto machen eine ausgedehnte Wanderung am See entlang. Das warme Wasser verlockt zum Baden.


Donnerstag 30. August

Kejimkujik National Park - Thomas Raddal Provincial Park (136 km)
Wir schlafen lange, vermutlich auch, weil es im Wald so duster ist. Die Sonne hat sich hinter dichte Wolken verzogen. Nach dem gemeinsamen Frühstück verlassen wir Jeremy's Bay Campground und mieten bei Jakes Landing 4 Boote. Rosi und Otto ein Kanu für 1 Stunde, die anderen Kajaks für 2 Stunden. Kaum sind wir auf dem Wasser, kommt auch die Sonne hinter den Wolken hervor. Rosi und Otto verlassen im Anschluss den Nationalpark in Richtung Atlantikküste. Hier befindet sich Kejimkujik Seaside Adjunct. Nach der obligatorischen Kaffeepause auf dem Parkplatz wandern wir zunächst den 5 km langen Harbour Rocks Trail durch eine baumlose Sträucherlandschaft ans Meer. Wir bewundern Orchideen und Fleisch fressende Pflanzen. An der Küste ist ein seltsamer Bodennebel, der dem Ganzen eine gewisse Mystik verleiht. Auf den großen vorgelagerten Felsen sonnen sich Seehunde und unzählige Wasservögel. Rosi verleiht ihr Fernglas gerne anwesenden Kindern, damit diese auch die Seals beobachten können. Wegen der wunderschönen Eindrücke hängen wir gleich noch den 9 km langen Port Joli Head Trail an. Leider wird der Nebel jetzt immer dichter und wir können die Schönheit der Natur dahinter nur erahnen. Ziemlich erschöpft kommen wir an den Parkplatz zurück und fahren zum nahe gelegenen Thomas Raddal Provincial Park. Wir gehen davon aus, dass die 'Wasserratten' schon eingetroffen sind. Die Lady im Parkoffice kann sich nicht erinnern. Also suchen wir das Gelände nach ihnen ab - vergeblich. Als wir zum Parkeingang zurückfahren, um dann zumindest für uns einen Platz zu mieten, treffen wir aufeinander. Sie waren noch einem weiteren See schwimmen gewesen. Toni hat üble (Sonnen-)Brandblasen auf den Fingern beider Hände, vermutlich durchs lange Paddeln verursacht. Heute ist definitiv unser letzter gemeinsamer Abend, da Rosi und Otto morgen die letzte Teiletappe nach Halifax zurück haben, während die Anderen ja erst am Mittwoch zurückfliegen und zunächst noch im Bereich der Lighthouse Route bleiben werden. Wir lassen uns die Stimmung dadurch nicht vermiesen und sitzen noch lange im Schein des Lagerfeuers zusammen.


Freitag 31. August

Thomas Raddal Provincial Park - Indian Harbour (210 km)
Nachts hat es geregnet. Am Morgen ist es wenigstens so weit trocken, dass wir ein gemeinsames Henkersfrühstück im Freien einnehmen können. Die Langurlauber wollen noch am Schlechtwetterprogramm hier im Park teilnehmen. Wir fahren nach Lunenburg. Im Hafen liegt die Bluenose II - ihre Vorgängerin, die Bluenose I war 18 Jahre lang der schnellste Segler Nordamerikas gewesen, bevor sie 1946 bei den Westindischen Inseln zerschellte. Der Nachbau hier im Hafen fährt üblicherweise zu Touren raus, diese Woche jedoch leider nicht. Also gehen wir nur zur Besichtigung an Bord. Danach stromern wir durch das hübsche Städtchen mit seinen bunten Holzhäusern. Die sehenswerte St. John's Anglican Church wurde 2002 originalgetreu wieder aufgebaut. Sie war im November 2001 durch einen Brand vollständig zerstört worden. In Mahone Bay beginnt es zu regnen. Der Ort ist für das Panorama bekannt, wo sich - bei schönem Wetter und ruhiger See - die 3 nebeneinander stehenden Kirchen im Wasser spiegeln. Daraus wird heute nichts. Wir machen Mittagspause und fahren weiter nach Peggy's Cove. Jetzt hat Dauerregen eingesetzt - Kanada ist auch traurig, weil wir morgen nach Hause müssen! Selbst bei diesem Wetter liegen die bunten Fischerhäuser malerisch vor den riesigen runden Klippen mit dem Leuchtturm. Der beherbergt ein funktionierendes Postamt. Wir klettern über die Felsen und stellen uns vor, wie schön es hier erst bei Sonnenschein sein müsste. Wir sind 55 km von Bedford entfernt, wo wir morgen Vormittag unseren Camper zurückgeben müssen. Auf dem Weg dahin, in Indian Harbour, übernachten wir ein letztes Mal im RV. Der private Campground ist schäbig und verlassen. Der Dauerregen tut sein Übriges, keinen guten Eindruck zu hinterlassen. Was soll's, wir hatten so viele wunderschöne Tage hier! Wir packen unsere Reisetaschen und gehen früh Schlafen.


Samstag 1. September

Indian Harbour - Bedford (53 km)
Während der Nacht hatte Rosi Sorge, dass wir aus dem See, in dem unser Camper steht, nicht mehr rauskommen. Jetzt am Morgen hat wenigstens der Regen aufgehört. Die Duschen im primitiven Sanitärgebäude sind sauber. Ein letztes Mal leeren wir die Abwassertanks unseres Wohnmobils und füllen frisches Wasser auf. 1 Stunde später sind wir bei Fraserway in Bedford, nördlich von Halifax. Die Rückgabe geht noch einfacher als die Übernahme vonstatten. Mit insgesamt 3032 km haben wir die Freigrenze um 32 km (!) überschritten und müssen dafür 13,54 $ nachzahlen. Für uns stellt sich jetzt aber die Frage, was wir bis heute Abend machen, unser Rückflug geht erst um 22.45 ab. Fraserway würde uns jetzt sofort zum Flughafen oder nach Halifax bringen. In Halifax müssten wir aber dann den ganzen Tag unser Gepäck mitschleppen. Wir lassen uns zum Flughafen bringen. Dort mieten wir einen Pkw, mit dem wir letztendlich einfacher und bequemer als mit einem Taxi in die 30 km entfernte Hauptstadt Neuschottlands fahren. Das Gepäck geben wir noch nicht auf, sondern nehmen es im Kofferraum mit, damit wir notfalls noch Kleidung wechseln könnten. Wir wählen die Route über Dartmouth und erreichen Halifax über die A. Murray Mackay Bridge. Plötzlich stehen wir im dichten Verkehr an einer Mautstation - 75 Cent für die einfache Überfahrt! Klasse, es ist ein Automat und wir haben nur noch Geldscheine! Otto wirft ein paar Euro Cent Münzen in den Automaten. Zum Glück versperrt keine Schranke die Weiterfahrt, wir halten die Autos hinter uns nicht weiter auf. Gibt es hier Kameras? Hat Kanada mit Deutschland ein Verkehrssünder- Auslieferungs-Abkommen? Kurz darauf haben wir einen Parkplatz direkt unterhalb der Zitadelle, nahe am Zentrum. Jetzt schalten die Neuschotten auch noch die Sonne an, um uns ihre Hauptstadt im besten Licht erstrahlen zu lassen. Der Besuch des über 250 Jahre alten Forts ist interessant. Es beherbergt ein Regiment der schottischen 78th Highlander. Nachdem wir durch die diversen Räume und das kleine Museum gelaufen sind, beginnt eine Abteilung der Soldaten im Hof zu exerzieren. Der Demonstration von Zucht und Ordnung müde wenden wir uns dem Hafen zu. Auf dem Weg dorthin bummeln wir an vielerlei Geschäften vorbei. Es herrscht reges Treiben. Wir spazieren zu den Historic Properties, sie gehören zu Kanadas ältesten Lagerhäusern und werden heute überwiegend als Restaurants oder Geschäfte genutzt. Um die Waterfront auch noch von der Seeseite bewundern zu können, fahren wir kurzerhand mit der Personenfähre ins gegenüberliegende Dartmouth und wieder zurück. Danach kehren wir zum Auto zurück. Da Otto vorhin seine Filmkamera nicht dabei hatte, gehen wir noch einmal zur Halifax Citadel. Jetzt wird ein richtiges Spektakel geboten. Die 78th Highlander in Paradeuniformen, mit Gewehren bewaffnet, von Trommlern und Dudelsackspielern begleitet, spielen Krieg! Lautstarke Kommandos hallen über den Kasernenhof, verschiedenste Gefechtspositionen werden bezogen, unzählige Gewehrsalven abgefeuert. Wir müssen los. Bevor wir jetzt zum Flughafen zurückfahren, suchen wir noch den Fairview Cemetry. Auf diesem Friedhof liegen 121 Opfer der Titanic begraben. Die Steine sind nummeriert nach der Reihenfolge der Bergung der Leichen. Einige tragen keine Namen, da die Toten nicht identifiziert werden konnten. Trotz der Traurigkeit des ganzen Geschehens strahlt der Platz Würde und Ruhe aus. Wir fahren jetzt endgültig zurück zum Airport, geben den Wagen zurück und checken ein. Es bleibt noch genügend Zeit für ein kleines Dinner in einem der Restaurants. Während wir am Gate auf den Abflug warten, kommt die Crew vorbei. Unglaublich - Rosi, die Stewardess vom Herflug, ist wieder mit an Bord. Sie hat dieses Mal zwar vorne in der Business Class Dienst, versorgt uns aber trotzdem mit einem Mitternachtsdrink. Wir haben sogar die gleichen Sitzplätze wie auf dem Weg von London hierher. Müde aber zufrieden und voller Eindrücke kommen wir nach dem Zwischenstopp in England wohlbehalten in München am Sonntag um 14 Uhr an.

© copyright Otto Kinateder